Besuch bei der Schreinerei Röthlisberger im Raum Bern
Standard ist bei der Schreinerei Röthlisberger gar nichts. Die Designs sind speziell, die Projekte international und die Produktion ist autark. Hinzu kommt, dass das Familienunternehmen von drei jungen, charismatischen Brüdern geführt wird. Wir treffen uns mit einem von ihnen – Mark Röthlisberger – und sprechen mit ihm über Prototypen, Architekten und preissensible Kunden.
Das Paul Klee Zentrum in Bern, ein Penthouse in New York und das Omega-Swatch-Gebäude in Biel – die Referenzen der Röthlisberger Schreinerei aus Gümligen können sich sehen lassen. Das Unternehmen arbeitet seit vielen Jahren international und ist seit 2009 mit einem eigenen Planungsbüro in New York tätig.
Herr Röthlisberger, Sie waren an zahlreichen Grossaufträgen beteiligt – unter anderem bei der Möblierung der Konferenzräume des Parlaments in Bern. Was ist Ihr Lieblingsprojekt?
Da kann ich mich unmöglich entscheiden. Jedes Projekt ist einzigartig und hat durch seine Aufgabenstellung einen besonderen Reiz.
Dann anders gefragt: Was finden Sie bei all Ihren Projekten am spannendsten?
Das ist schon leichter zu beantworten: die Planungsphase. Lösungsansätze skizzieren, Muster sichten und Beschläge, Tischfüsse oder Miniaturmöbel am 3-D-Drucker drucken. Wir fertigen schon früh Prototypen, um die Funktionsweise zu testen und die Designs zu veranschaulichen. Das hilft uns und den Kunden enorm und es ist natürlich ein tolles Gefühl, so einen ersten Prototyp in den Händen zu halten.
In den Konzepten der Schreinerei Röthlisberger steckt Know-how aus ganz unterschiedlichen Disziplinen wie Akustik, Statik oder Materialwissenschaften. Und so bestehen auch die Projektteams aus verschiedenen Spezialisten. Insgesamt 67 Mitarbeitende arbeiten in Gümligen daran, die Ideen der Architekten in die Realität zu übersetzen. Was nicht immer einfach ist und oft unkonventioneller Lösungen bedarf. Unterstützt wird die Schreinerei dabei von OPO Oeschger. René Müller ist hier Aussendienstmitarbeiter und betreut die Röthlisberger AG bereits seit 33 Jahren.
Herr Müller, als wir hier ankamen, haben Sie fast jeden Mitarbeiter mit Namen gegrüsst. Sie scheinen öfter da zu sein.
Ja, ich arbeite sehr eng mit der Schreinerei Röthlisberger zusammen. Am Anfang haben wir hauptsächlich Möbelbeschläge geliefert. Dann kamen weitere Beschläge, unter anderem für Türen sowie Lichttechnik, hinzu. So sind wir gemeinsam gewachsen. Heute liefern wir vor allem Spezialanfertigungen. Denn die Projekte, die Röthlisberger betreut, sind oft komplex und müssen hohen Anforderungen gerecht werden. Hier werden Produkte benötigt, die es so im Handel nicht gibt. Wir müssen also Lösungen finden und die Standardprodukte auf die Anforderungen anpassen.
Beim Omega-Swatch-Gebäude in Biel ging es vor allem um Türtechnik – ein Spezialgebiet von OPO Oeschger. Waren Sie involviert?
Von Anfang an, ja. Unser Türspezialist hat das Team bereits bei der Ausschreibung unterstützt. Die Herausforderung war, dass 57 unterschiedliche Türen gebaut werden mussten. Die einen mit Pendeleffekt, die anderen Batch-gesteuert; dann gab es Brandschutztüren, Notfalltüren und Türen mit Notfallöffnung. Hinzu kam, dass viele dieser Türen überbreit und überhoch ausgelegt waren.
Herr Röthlisberger, wie haben Sie die Zusammenarbeit mit OPO Oeschger bei diesem Projekt erlebt?
Als sehr konstruktiv und lösungsorientiert. OPO Oeschger hat uns dabei geholfen, die Ausschreibung zu gewinnen. Neben den technischen Herausforderungen stellte uns der Architekt auch eine anspruchsvolle Designaufgabe. So galt es, 1400 Quadratmeter Hochglanzwände zu verbauen, die mit den Türen eine optische Einheit bilden sollten.
Seit jeher pflegt Röthlisberger einen engen Kontakt zu Architekten. Und zu Designern. Sie steuern ihre Entwürfe zur Möbelkollektion der Schreinerei Röthlisberger bei, die schon zahlreiche Preise gewonnen hat. Der Klassiker steht direkt am Eingang des Ausstellungsraumes: der Schubladenstapel des Designerpaares Susi und Ueli Berger aus dem Jahr 1983. Seitdem wurde an ihm nichts mehr verändert. Und er verkauft sich wie eh und je prächtig. Daneben: ein Stuhl mit ausgeklügelter Formgebung, die ihn zugleich flexibel und unheimlich stabil macht. Der Clou: die Holzverbindungen sind nicht sichtbar. Diese Entwicklung hat sich Röthlisberger patentieren lassen. Genauso wie den magnetischen Schiebemechanismus an einem Regal. Zur Kollektion gehören auch Lampen, Schränke, Kommoden und sogar ein Bett. Alles Möbelstücke mit einem schlichten, eigenständigen Design; jedoch nie einfach, sondern immer mit einem gewissen Extra. Vertrieben wird die Kollektion durch Fachhändler in ganz Europa, Australien und seit drei Jahren auch in Honkong, Seoul und Tokio.
Doch egal wo auf der Welt, überall beschäftigen sich die Menschen mit Design – auch dank Apps wie Instagram und Pinterest. Das Thema ist demokratischer geworden. Die Menschen lassen sich nicht mehr vorschreiben, was gut aussieht, sondern inspirieren sich gegenseitig. Mark Röthlisberger sieht das positiv. Noch nie war den Kunden Design so wichtig.
Herr Röthlisberger, was hat sich in der Branche ausserdem getan?
Vor allem in der Möbelbranche sind die Kunden preissensibler geworden. Es gibt nicht viele Schreinereien in der Schweiz, die Designermöbel herstellen. Die Kunden, die sich einen Stuhl aus unserer Kollektion kaufen, haben Sinn für Design und kaufen gern gute Qualität. Was sich ausserdem geändert hat, sind die Möglichkeiten, die uns neue Technologien schenken. Gerade in der Planung können wir dank 3-D-Renderings und dem 3-D-Drucken Problematiken ganz anders angehen.
Fortschrittlich ist die Schreinerei Röthlisberger auch beim Thema Nachhaltigkeit unterwegs. Dass vorwiegend heimisches Holz zur Verarbeitung genutzt wird, ist für die drei Geschäftsführer selbstverständlich. Sie setzen noch eins drauf und schaffen durch das Verbrennen von Holzabfällen und der Photovoltaik-Anlage zur Energiegewinnung eine 100 Prozent autarke Produktion.
Herr Röthlisberger, eine Frage zum Schluss: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?
Wir wollen weiterwachsen und unsere Möbelkollektion ausbauen. Vor allem im asiatischen Markt sehen wir Chancen und werden versuchen, noch mehr Fuss zu fassen. Ein weiterer Fokus ist England. Doch bei alldem wollen wir die Schweiz nicht vernachlässigen und uns hier noch stärker verwurzeln.
Von Gümligen in die Welt. Mark, Beat und Jan Röthlisberger schreiben die Geschichte ihres Familienunternehmens fort. Sie haben sich viel vorgenommen. «Doch wir sind ja auch zu dritt», so Mark Röthlisberger. «Da kann man seine Ziele schon mal etwas höher stecken.»
Röthlisberger AG
Die Röthlisberger Schreinerei entstand 1928 aus zwei Schreinerfamilien, die ihre Tätigkeiten zusammenlegten. Heute ist die Röthlisberger AG Gesamtanbieter im Innenausbau und verfügt über eine hauseigene Engineering-Abteilung. Seit 1977 produziert das Unternehmen zudem eine eigene Kollektion an hochwertigen Designermöbeln.
www.roethlisberger.ch