In der Serie “Menschen&Macher» äussern Fachleute aus der Schweiz ihre ganz persönliche Sichtweise auf das Schreinergewerbe.
Lukas Meierhofer ist Coach, Consultant und Buchautor. Er berät und trainiert namhafte Unternehmen in Verkaufs- und Führungsfragen. www.meierhofer-partner.ch
«Wenn der Kunde nach 10 Sekunden nicht gesprächsbereit ist, wird er aufhängen»
Lukas Meierhofer, gibt es das typische «Verkäufer-Gen»? Oder lässt sich das erfolgreiche Verkaufen erlernen?
Natürlich gibt es Leute, denen fällt es immer ein bisschen leichter als anderen, in Kontakt mit potentiellen Kunden zu treten. Grundsätzlich aber gilt: Wir machen unser Lebtag eigentlich nichts anderes als «zu verkaufen». Wenn man sich dem gewahr wird, kann man durchaus daran arbeiten, um selber zum erfolgreichen Verkäufer zu werden.
Ein interessanter Ansatz. Wie meinen Sie das konkret?
Verkaufen ist etwas ganz natürliches, wir alle sind Verkäufer: Das fängt damit an, wie wir uns geben und wie wir von der Umgebung wahrgenommen werden wollen. Für den Chef eines Unternehmens zum Beispiel ist es ungemein wichtig, welche Signale seine Mitarbeitenden aussenden und welches Bild im Gegenzug die Kunden von der Firma bekommen. Da kommt den Beratern und Verkäufern vom Innendienst eine genauso tragende Rolle zu wie beispielsweise den Monteuren draussen vor Ort. Alles ist auf seine Weise Verkauf. Gerade Handwerkern ist dieses Credo aber häufig nicht präsent.
Wo äussert sich dieses Manko denn am stärksten?
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Aber es gibt ein paar Fragen, die sich überraschend viele Gewerbler noch nie so richtig gestellt haben: Für was steht das eigene Unternehmen eigentlich? Wo liegen unsere Stärken? Wer ist der Kunde? Was ist unser Markt? Und dann hapert es mitunter am Dranbleiben, am Nachhaken, an der Motivation, wenn es um die Kundenpflege geht. Ich erlebe häufig, dass Mitarbeiter meinen, wenn sie eine Offerte rausgelassen haben, dann sei die Arbeit getan – der mögliche Kunde werde sich dann schon melden. Dies trifft aber sehr oft nicht zu. Man muss konsequent nachfassen und ein paar ganz grundlegende Regeln befolgen.
Die da wären?
Das Nachfassen geschieht meistens telefonisch. Hier lauert der Teufel im Detail. Das beginnt mit der Haltung, die ich beim Telefonieren einnehme, geht über den Ton, den ich im Gespräch anschlage und reicht vom Einstieg bis hin zu den richtigen Fragen, die ich stelle. Wenn ich eine Offerte nachfasse, frage ich nicht: «Wie sieht’s aus?», denn damit ist die Gefahr gross, dass die Preisdiskussion los geht. Ich sage also einfach: «Wann soll der Auftrag zur Ausführung kommen?“, oder „wann brauchen Sie die Ware?“
Sie überfahren den Kunden also …
Nein, sicher nicht. Ich rede einfach nur über die Ausführung des Auftrags und sende damit ein eindeutiges Signal aus: Ich bin überzeugt, dass die Offerte für den Kunden gut ist und er als Kunde zufrieden sein wird! Das Gegenüber kann dann ja immer noch seine Einwände vorbringen. Ein wichtiger Grundsatz ist: Nie, aber auch gar nie spreche ich als Verkäufer – weder direkt noch indirekt – beim Nachfassen das Thema Preis an. Das überlasse ich immer dem Kunden.
Und der kommt ganz bestimmt darauf zu sprechen!
Nicht unbedingt. Ich erlebe immer wieder, dass vor allem dann, wenn die Beziehung zwischen Anbieter und Abnehmer generell gut ist, der Preis nicht unbedingt ausschlaggebend ist für eine Auftragserteilung. Wenn doch, dann ist es wichtig, die genauen Gründe dafür in Erfahrung zu bringen. Und wenn ich an diesem Entscheid nichts ändern kann, dann habe ich immer noch die Chance, dem Kunden eine andere Lösung anzubieten. Um dies herauszubekommen, darf ich mich aber nicht davor scheuen, zu fragen. Und vor allem muss ich in erster Linie einmal zuhören wollen!
Erfolgreich Verkaufen ist also primär eine Frage des Wollens?
Genau. An erster Stelle kommt die persönliche Einstellung, einem Kunden eine Lösung für seine Bedürfnisse anbieten zu wollen. Wenn das stimmt, dann mache ich mich daran, Informationen einzuholen. Also höre ich dem Kunden erst einmal in Ruhe zu. Erst wenn ich im Zuge dessen geortet habe, wo er Lösungen braucht, rede ich und werde als Berater aktiv. Danach mündet das Ganze im besten Fall in einem Geschäftsabschluss oder eben in einem Verkauf. Das ist jetzt natürlich sehr vereinfacht dargestellt, aber die erwähnte Triage von Informationen erfragen, zuhören und beraten ist sicher stets angebracht.
Verkaufsgespräche am Telefon sind nicht jedermanns Sache. Wie lange habe ich Zeit, um einen möglichen Kunden von mir und meinem Angebot zu überzeugen?
Zehn Sekunden! Wenn der Kunde dann immer noch nicht gesprächsbereit ist, wird er demnächst aufhängen. Habe ich jemanden allerdings einmal vierzig Sekunden am Apparat und im Gespräch, so steigen die Chancen rasant an, dass ich zu denjenigen Informationen komme, die es für ein Beratungs- und Verkaufsgespräch braucht.
Als Trainer und Coach verdienen Sie ziemlich gut daran, dass Unternehmer und ihre Mitarbeitenden diesbezüglich ihre Mankos aufweisen.
Das ist so ein Bild, das die Leute landläufig von einem Coach haben. Meine Einsätze sind aber zeitlich sehr begrenzt, weil es eigentlich gar nicht so viel braucht, um geeignete Strukturen herzustellen oder Abläufe, gerade in der Gesprächsführung, zu optimieren. Meine Hauptaufgabe ist es, die richtigen Fragen zu stellen, damit die Berufsleute selber erkennen, wo der Hund begraben ist und wie eine adäquate Lösung aussieht. Dafür braucht es vielfach ein paar Stunden, vielleicht einen Tag. Ganz wichtig finde ich, dass Unternehmer, die einen Coach suchen, darauf achten, ob dieser eine gewisse Reife und Erfahrung hat und vor allem etwas von der Branche versteht, in der sie tätig sind. Alles andere wäre tatsächlich hinausgeworfenes Geld.
Publikation von Lukas Meierhofer:
Verkaufen heisst verstehen
Den Kunden. Das Handwerk. Sich selbst.
BusinessVillage Göttingen, März 2013 – ISBN 978-3-86980-221-3